Redebeitrag Silvester zum Knast 2024 Berlin

Wir dokumentieren hier einen Redebeitrag, der auf der Silvester zum Knast-Demo 2024 in Berlin gehalten wurde:

Wir sind heute aus vielen Gründen hier. Wir sind hier, weil wir traurig sind, traurig darüber, dass so viele Leute hinter diesen Gittern sitzen, statt das neue Jahr da begrüßen zu dürfen, wo auch immer sie jetzt gerne wären. Wir sind auch hier, weil wir wütend sind, wütend darüber, dass der Staat und seine Richter unsere Freund_innen und Genoss_innen und all jene, die sich ihm nicht fügen, verfolgt und wegsperrt. Und nicht zuletzt sind wir hier, weil wir Kraft geben wollen und zeigen, dass ihr dadrin und wir hier draußen nicht allein sind, ob hinter Gittern, auf der Straße oder im Untergrund.

Im Untergrund sind gerade einige von uns, weil sie sich verstecken müssen vor diesem Staat, der die Faschisten und das Kapital schützt. Der Staat, der sich gerne demokratisch und sozial gibt und das dann „westliche Werte“ nennt, während er uns einsperrt und seine Bullen auf uns hetzt, uns bespitzelt, seine Grenzen zuzieht, Menschen abschiebt und sogenannte diplomatische Kontakte zu den Mördern dieser Welt pflegt.

Wir erleben gerade eine enorme Repressionswelle und können währenddessen dabei zuschauen, wie der Faschismus erstarkt und immer sichtbarer wird. Wir müssen Verantwortung übernehmen und ihn bekämpfen – so wie jene, die gerade vor der Repression fliehen müssen oder in ihren Zellen auf ihr Urteil warten oder es schon absitzen. So wie jene, die sie unterstützen und deswegen abgehört und verfolgt werden. So wie jene, die das tun, was in ihren Möglichkeiten ist, und die sich nicht davor scheuen, für Ihre Haltung Risiken einzugehen.

Dass der Staat sie verfolgt, ist kein Zufall oder ein Versehen, deswegen plädieren wir auch nicht an ihn, sondern nehmen ihn als das, was er ist: unser Gegner. Der Gegner im Kampf gegen den Faschismus und die Ausbeutung und als Hindernis für ein Leben in Freiheit und Gleichheit für alle Menschen. Dies gilt nicht nur für den deutschen Staat, sondern für alle Staaten und faschistischen Kräfte. So auch der türkische Staat, der gerade wieder aktiv die kurdische Selbstverwaltung in Syrien angreift und foltert, mordet, und Menschen vertreibt. An diese Menschen und all die, die dort und überall für das freie Leben kämpfen, denken wir heute.

Auch wenn alles um uns herum ganz schön düster erscheint, wollen wir das neue Jahr trotzdem auch begrüßen. Wenn man tausend mal wiederholt dass alles schlimm ist, wird es auch nicht besser und schon gar nicht von alleine. Obwohl der Staat mit allen Mitteln versucht uns zu trennen sind wir hier, gemeinsam. Wir sind zuammen hier ob physisch oder in Gedanken, wir stehen beinander und geben unsere Überzeugungen nicht auf. Wir ziehen Stärke aus der Solidarität und Freunschaften, aus der Geschichte der Bewegung, aus den kleinen und großen Momenten der Fürsorge und aus dem Wissen, dass wir da, wo wir können, wir kämpfen.

Wir grüßen unseren Genossen und alle, die grad hinter den Mauern sitzen, egal, aus welchen Gründen. Auch wenn es sich wahrscheinlich oft anders anfühlt: ihr seid nicht alleine.

Wir denken an unsere Genoss:innen überall auf der Welt, im Untergrund, im Knast und im Kampf. Und an die, die nicht mehr unter uns sind.

Auf dass wir bald wieder zusammen über die Straßen spazieren können, Nanuk!

Bis alle frei sind.

Einige Genoss:innen