Am 1. Februar 2025 versammelten sich rund 600 Antifaschist\*innen im Berliner SO36 zu der Informationsveranstaltung „Einer von uns! Von den Baseballschlägerjahren und vom Knast.“. In dieser wurde noch einmal auf die 1990er Jahre geblickt, mit Texten, Schilderungen von Zeitzeug\*innen, einem Interview mit KW-Thomas/Nanuk und einer Einschätzung der Lage seiner Anwältin.
Einleitend wurde ein Filmausschnitt mit einer Szene der antifaschistischen Proteste gegen den mordbereiten Mob in Rostock-Lichtenhagen 1992 gesehen, in der ein junger Antifaschist verhaftet wird. Danach wurde der gesellschaftspolitische Rahmen aufgemacht, in dem es in der Veranstaltung gehen sollte:
Neonazistische Gewalt und rassistische Politik gehen in Deutschland Hand in Hand. Das zieht sich von der Mordserie des NSU, der Erschießung des CDU-Politikers Lübcke, dem antisemitischen Anschlag in Halle, den rassistischen Morden in Hanau bis hin zu Deportations-Phantasien, die als „Remigration“ neu gelabelt werden. Diese Linie zieht sich hin zu den politischen Ereignissen diese Woche, in der der Kanzlerkandidat Merz den Schulterschuss mit Faschisten zelebriert, um seine rassistische Agenda einer noch restriktiveren Asylpolitik durchzusetzen.
Diese Dynamik gibt es seit dem Anfang der 90er Jahre. Einer Zeit, in der nationaler Taumel, das Erstarken der Neonazis und rassistische Ausschreitungen mit der Verschärfung des Asylrechts einhergingen. So sollte ein Rückblick in die 1990er gemacht werden, um die heute so große Notwendigkeit von Antifaschismus aufzuzeigen. Und zugleich sich gegen die Kriminalisierung von antifaschistischer Politik zu stellen.
Die Veranstaltung gliederte sich danach in vier Teile.
Als erstes wurde ein Text von Manja Präkels aus ihrem Buch „Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß“ gelesen. Manja Präekels wuchs in den 90er Jahren in Zehdenick (Brandenburg) auf, im gelesenen Abschnitt ging es um das Klima der permanenten Angst und Bedrohung durch Nazigewalt der jugendlichen Protagonist\*innen, die von der Gesellschaft vollkommen allein gelassen wurden.
Anschließend gab es ein Zeitzeugengespräch mit einem Aktivisten, der als Teenager den neonazistischen Angriff auf die Kötschauer Mühle in Zerbst erleben musste. Auch er beschrieb das Klima der Gewalt und Bedrohung einerseits, die angekündigte Straflosigkeit der Täter und des Wegschauens der Gesellschaft andererseits. Er betonte, dass es genügte, einfach nicht bei den Nazis mitzumachen, um von ihnen als Gegner\*in gesehen und behandelt zu werden.
Danach folgt ein Beitrag von Merle Kröger und Philipp Scheffner, die gerade einen Film über die 1990er Jahre in KW drehen und versuchen, das Leben von Jeff Dominiak nachzuzeichnen, der als junger Mann von Nazis ermordet wurde, weil er Schwarz war. Dazu hatten sie KW-Thomas interviewt, der als junger Mann Jeff Dominak und die Umstände seiner Ermordung gut kannte. Das Interview war Herzstück der Veranstaltung, weil KW-Thomas mit großer Klarsicht die momentan politische Situation voraussagte und beschrieb, wie die „Brandmauer“ fallen werde.
Zuletzt berichtete Antonia von der Behrens, die die Anwältin von KW-Thomas ist, zum aktuellen Stand des Verfahrens. Sie umriss die Situation damit, dass heute die staatliche Repression so stark wie lange nicht mehr ist und sich die Funktion der Paragraphen 129 und 129a insofern geändert haben, als dass sie nicht mehr als „Auschnüffelungsparagraphen“ dienen, wie sie es in so vielen Verfahren der letzten dreißig Jahren getan haben. Letztlich die meisten Verfahren aber irgendwann eingestellt wurden. Im Gegensatz dazu geht sie davon aus, dass mittlereile die Angeklagten zu zum Teil hohen Haftstrafen verurteil werden und es notwendig sein wird, für die Zukunft starke Solidaritätsstrukturen aufzubauen. Sie berichtete auch davon, dass es KW-Thomas im Knast den Umständen entsprechend gut geht und er auch dort versucht, Solidarstrukturen mit anderen Gefangenen aufzubauen.

Die Veranstaltung endete mit einem Appell an alle, Solidarität mit allen inhaftierten und von Repression betroffenen Antifaschist\*innen zu üben und sich für den kommenden Faschismus zu wappnen.
Soligruppe KWT